„Am Anfang dachte ich, man muss sich im Sales verstellen, doch das könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Die Frage ist: Würde ich an Stelle der Kund:innen kaufen? Wenn ich sie aufrichtig beantworte, verstehe ich Kund:innen besser.” Vertrieb gilt als Kampf um Aufmerksamkeit und Budgets. Doch mit sinkendem Vertrauen in klassische Sales-Methoden zeigt sich ein neuer Weg: Empathie. Gründer von Empathie Sales GmbH und Vertriebsstratege Julian Scharf erzählt, wie er durch Zuhören nicht nur Deals gewinnt. Er hat unzählige Gespräche geführt - mit Startups, Konzernen, Menschen, die schon zehn Tools ausprobiert haben, und solchen, die am liebsten gar nicht erst ans Telefon gehen.
Dustin hat Startups beim Wachstum bis zu 150 Mitarbeitenden begleitet und Sales & Customer Support Teams aufgebaut und betreut.
Was er gelernt hat: In Zeiten von LinkedIn-Automatisierung, Chatbots und endlosen Cold-Mails ist Empathie zur vielleicht letzten echten Differenzierung geworden.
Sales Trainings gibt er bis heute gern, weil er den Zufallsfaktor eines guten Sales Gespräches eliminieren möchte und dadurch auch die Beziehung zwischen Kund:innen und Sales pflegen, die sich zunehmend verschlechtert.
Vertrauen als knappe Ressource
Studien zeigen, wie brüchig das Verhältnis zwischen Käufer:innen und Verkäufer:innen ist. Daten von salesforce belegen, dass 86 % der gewerblichen Käufer:innen, eher einkaufen, wenn ihre Zielen gesehen werden, gleichzeitig sagen 59 %, dass sie sich in ihrer Zielsetzung von Sales-Teams „nicht verstanden“ fühlen.1
Outreach ohne Resonanz bleibt Lärm. Früher lag der Fokus im Sales auf dem Pitch: möglichst viele Informationen in gut verpackten Folien und Fragen. Heute erwarten Kund:innen eher Sparring.
Die Empathie-Lücke
Warum fehlt Empathie im Sales so oft? Ein Grund liegt in den KPIs. Wer nur auf Anrufzahlen, Meetings oder Quartalsziele optimiert, verliert Gesprächspartner aus dem Sinn.
Dazu kommen ungeschriebene Regeln wie die Erwartung, dass Verkäufer:innen nach einem Erstgespräch konsequent Follow-ups schicken.
Julian bricht das: Er liefert alle Informationen so, dass Kund:innen eigenständig entscheiden können. Wird für die Zukunft keine Vereinbarung getroffen, finden sich Kund:innen auch nicht zwischen Nachrichten-Sequenzen gefangen. Einige Entscheider:innen stoßen sich daran, weil sie das Nachgreifen für ihr eigenes Sales-Teams als Muss ansehen und Julian in der Rolle des Trainers.
Und auch im Founder Sales stehen Empathie und Zahlen im Konflikt. Kund:innen kaufen hier vor allem die Vision und die Gründer:innen. Wird jedoch, wie Julian es nennt: „unromantischer ein Sales-Rep vorgeschaltet”, steht plötzlich das Produkt im Mittelpunkt und muss im Alleingang überzeugen, manchmal obwohl es noch unfertig ist, sog. Banana-Software.
Viele Gründer:innen geraten dann, getrieben von Erwartungen der Investor:innen oder der eigenen finanziellen Lage, unter Druck. Entscheidungen müssen schnell fallen, über Abschlüsse darf nicht geschlafen werden. Für Käufer:innen wirkt das schnell verdächtig („Stimmt mit dem Produkt etwas nicht?“).
Dazu nennt Julian einen häufigen Denkfehler: schwache Sales-Performance wird mit fehlendem Product-Market-Fit verwechselt, obwohl diese unterschiedliche Ursachen und Lösungen haben.
Empathie trifft Technik
Natürlich verändert Technologie den Vertrieb. KI-gestützte Prospecting-Tools, automatisierte Mails, Chatbots. All das kann Türen öffnen. Doch was hinter der Tür passiert, bleibt menschlich. „Entscheider werden heute mit 50 kalten Nachrichten in der Woche überflutet und KI verstärkt dieses Volumen, in dem eine Standard-Nachricht untergeht. Wenn man nicht klar artikuliert, warum ein Gespräch sinnvoll ist, dann ist Inbound die stärkere Strategie: weniger aufdringlich und im Tempo der Kund:innen, die sich eigenständig an die Lösung herantasten.“
Die Zukunft liegt für Julian nicht im Entweder-oder, sondern in der Verbindung. Technik schafft Reichweite. Empathie Verbindung.
Vom Closing zur Beziehungspflege
Wenn man Julian fragt, wie er Erfolg heute misst, nennt er nicht nur Umsatz. Er spricht von Beziehungen. Von den Kund:innen, die nach zwei Jahren wieder anrufen, weil sie wissen, dass er zuhört. Von jenen, die ihn weiterempfehlen, weil sie nicht nur eine Lösung gekauft, sondern einen Sparringspartner gefunden haben. „Das ist langfristig der wertvollere Weg, man begegnet sich immer mehrmals und das kann wie ein Boomerang zurückkommen.“
Julian zeigt mit seiner Arbeit, dass Empathie und Sales kein Widerspruch sind. Sondern vielleicht der einzige Weg, wie Vertrieb wieder menschlich und damit erfolgreich werden kann. Denn das Sales-Gespräch fühlt sich für potenzielle Käufer:innen oft wie eine Bestrafung an: „Kaum habe ich meine E-Mail und Telefonnummer dagelassen, lande ich im ersten Call in einem Fragenhagel und gehe ohne echte Erkenntnisse heraus.”
Julian dreht den Prozess um: Das Ziel des ersten Gesprächs ist nicht, Leads durchzuqualifizieren, sondern in die Lage zu versetzen, eine Entscheidung zu treffen. „Man sollte überlegen, wie man eine bestmögliche Buyer Experience schaffen kann und damit die Wahrscheinlichkeit zu steigern, dass es überhaupt zu nächsten Meeting kommt”
Wir wünschen ihm auf seinem Weg nur das Beste und bedanken uns für das Gespräch. Verfolgen könnt ihr Julian hier.
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1 State of Sales, 6th Edition, salesforce, 2024